Der Weg zu endgültigen Trennung ist lang, aber meistens schleichend und leise.

Der Weg zu endgültigen Trennung ist lang, aber meistens schleichend und leise.

Denise Winter
von Denise Winter

"So, wie es jetzt bei uns läuft, ist es in 5 Jahren vorbei! Ich bleibe gerade noch, weil die Kinder zu klein sind, weil ich ja auch noch hoffe, dass es sich wieder ändert. Nur so, wie es jetzt ist, darf es nicht bleiben und das muss sehr deutlich gesagt werden - also von mir gesagt werden. Er sieht das nicht und ich glaube er ist auch gerade überhaupt nicht so nah an mir, dass er es fühlt. Er denkt, so ist es einfach und es ist schon alles ok. Dabei ist es für mich gerade gar nicht mehr ok. Ich denke schon lange über eine Trennung nach."

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Der folgende Artikel ist eine ganz typische Geschichte aus den Paarberatungen in meiner Praxis. Es geht um das, was oft vor der Trennung steht. 

Der Gedanke an die Trennung kommt lange vor der Trennung selbst

In meiner Praxis erlebe ich im Rahmen der Paarberatung oft einen Moment, in dem für eine Seite klar wird, was für die andere Seite schon lange Realität ist. Der Gedanke über eine Trennung. 

Was ist also passiert? Wann ist das passiert? Wie konnte es dazu kommen? UND: Wieso geht es offenbar ohne laute Getöse und Gebrüll an einem Menschen vorbei, wenn der / die andere bereits auf dem gedanklichen Weg raus aus der Beziehung ist?

"Ich habe gefühlt, dass etwas nicht stimmt. Ich habe ja mitbekommen, dass du dich distanzierst. Das du aber dabei an eine Trennung gedacht hast (...) Das war mir nicht klar!"

Irgendwann hatte es sich langsam eingeschlichen. Kleinigkeiten hatten gestört, Eigenschaften des anderen wurden unangenehm und Berührungen und liebevolle Gesten weniger. Am Beginn dieser Veränderung, die später niemand mehr benennen kann, wurde über das hinweg gesehen, was gestört hat. 

"Ich möchte ja auch nicht alles was mich stört immer gleich zum großen Thema machen. Ich dachte, das ist eine Phase und geht auch wieder vorbei."

Leider ist nichts vorbei gegangen. Leider ist es sogar immer größer und störender geworden. Irgendwann war es so groß, dass neben diesen ganzen Störfeldern kein Platz mehr für das Positive war. 

Es begann, wie so oft, durch einen Mangel an Zeit. Durch den Fokus auf die großen Ziele, die sie gemeinsam gefasst hatten. Was sie alles wollten, dass passte kaum in ein Leben. Zu Beginn ihrer gemeinsamen Reise hatten sie geträumt, hatten Ideen und Vorstellungen, was in ihrem gemeinsamen Leben auf sie warten würde. Sie malten sich ihr Leben aus, mit Kindern, mit einem gemütlichen Zuhause, mit tollen Reisen, mit Sonntagen im Bett. 

"Sonntags sitzen wir Bett, dass hat sich bewahrheitet (...). Nur hat er dabei ein Handy in der Hand oder das MacBook auf dem Schoß und ich habe meine Airpods im Ohr und höre mir Podcasts an. Die Kinder liegen nicht bei uns, seit sie ihre eigenen Handys haben (...). Und während ich das ausspreche merke ich wie scheiße es ist."

Sie hatte den Gedanken an eine Trennung zum ersten Mal, als ihre erste Tochter gerade ungefähr drei Monate alt war - heute ist sie acht Jahre alt. Sie hatte mit ihr auf dem Sofa gesessen und sich in ihrem gemütlichen Zuhause umgesehen, hatte festgestellt das überall Dinge lagen, dass dringend aufgeräumt werden musste und das ihr eigentlich so wunderschönes Zuhause irgendwie gar nicht mehr so gemütlich war. Während sie ihre gerade verheilten Brustwarzen nach dem Stillen wieder mit einer pflegenden Creme eingerieben hatte um im Anschluss barbusig, ungeduscht und im fleckigen Jogger auf dem Sofa zu sitzen, wurde ihr bewusst, das er - frisch geduscht und sauber angezogen - fröhlich ins Wohnzimmer kam, seine Tasche für die Arbeit gepackt in der Hand hielt und ihr so frei und leicht zurief : "Ich fahr los zur Arbeit. Mach dir keinen Stress heute. Entspann dich heute, ich bin etwas später da, weil ich nach der Arbeit noch zum Badminton gehe. Wir können ja heute Abend zusammen noch Fernsehen gucken."

Während die Tür ins Schloss gefallen war, hatte sie geweint und direkt den Gedanken gehabt, dass er gestern Abend auch bereits weg gewesen war. "Einer muss ja die Brötchen verdienen (...)", hatte er 'lustig' dahin gesagt. Sie war ab jetzt eine Gefangene in ihrem Zuhause. 

'Ab jetzt kann er frei leben und ich muss fragen' - die neue Überschrift ihres Lebens. 

Als sie in der Paarberatung mit ihm über diesen Moment, als ein Beispiel für den Beginn ihrer Entfremdung sprach, ist er schlicht "vom Glauben abgefallen". Er hatte sie nie gefragt, war aber fest davon ausgegangen, dass schon alles gut ist. Sie hatte ihr Baby, er machte ihr keinen Druck. 

"Ich habe keinen Druck gemacht, ich habe dich doch immer unterstützt. (...). Also wenn es, so wie du beschreibst, bei uns unordentlich war, dann habe ich das doch auch so akzeptiert. Ich habe dich nie dafür verantwortlich gemacht."

DANKE! 

Ich verstehe ihn. Für ihn hat sich sehr viel weniger verändert, als für sie. Körperlich ist er der gleiche Mensch, den unausgesprochenen Erwartungen der Gesellschaft hat er sich doch gut angepasst - er geht fleißig arbeiten, ist freundlich zu seiner Frau, geht nicht fremd. Super. 

Das ist nur leider nicht das Ende der Geschichte. Mit der Veränderung ihrer Lebensrealität hatte sich seine nicht mit verändert und durch die fehlende Kommunikation ist dieser gemeinsame Weg Schritt für Schritt zu einem parallelen Weg geworden. Seitdem laufen sie nebeneinander her, statt miteinander. Manchmal trifft sich der Weg um dann im nächsten Moment wieder auseinanderzugehen.  

Das Leben hat beiden ganz unterschiedliche Inhalte gegeben und beide fühlen sich in ihrem Bereich verantwortlich, zuständig und manchmal eben auch belastet, einsam - vielleicht sogar neidisch auf die andere Seite. 

"Sie kann viel mehr Zeit mit den Kindern verbringen (...). Sie hat natürlich die Verantwortung für vieles hier, das verstehe ich. Aber das bringt ihr halt auch Freiheiten, die sie gar nicht wahrnimmt."

"Er kann sich immer und zu jeder Zeit um sich kümmern, denn er weiß, dass ich immer der doppelte Boden bin. Ich fange auf, was er nicht bedacht hat oder nicht mehr schafft. Mich fragt niemand, ob ich es noch schaffe. Für mich gibt es diesen doppelten Boden nicht."

Und so kam ihr der Gedanke - "ich möchte gehen" - immer öfter. Je öfter er kam, desto weniger hatte sie ausgesprochen, was sie unglücklich gemacht hatte. Ein Teufelskreis geradewegs Richtung Trennung.

Und er? Er hatte sich fleißig seinen Aktivitäten und dem Beruf gewidmet. Hier bekam er Anerkennung, Wertschätzung und Respekt. Hier konnte er leuchten, während er zu Hause immer weniger Platz für seine Bedürfnisse fand. 

Die Auseinandersetzung mit dem, was eine Trennung für sie bedeuten würde, hatte sie schon oft und viel durchdacht. 

Mit einem Bein im neuen Leben

In der Paarberatung erlebe ich regelmäßig, was dieser beschriebene, beispielhafte Prozess mit sich bringt. Stück für Stück verlässt eine/r von beiden die Partnerschaft. Erst in einzelnen Momenten, später regelmäßig und irgendwann dann oft ganz. 

Die andere Seite ist dann manchmal wie vor den Kopf gestoßen. Da ich in der Beratung auch immer mit den Klient*innen im Einzel arbeite, können wir dieses Gefühl meist schnell aufbrechen. Dann stellt sich heraus, dass beide Seiten es schon länger fühlen, es geahnt und vielleicht sogar schon mal ausgesprochen haben?! Manchmal merken Menschen dann, dass sie ihren Gefühlen und ihrem Sinn trauen können, dass sie diesen viel zu oft verdrängt oder sich selbst nicht getraut haben. 

"Ich habe ja lange schon gedacht, dass seine Blicke abweisend sind und das er sich von mir zurückzieht. Wenn ich das angesprochen habe, hieß es nur, ich würde empfindlich reagieren oder ich solle nicht immer alles auf mich beziehen. Und jetzt weiß ich, ich habe es nicht falsch gefühlt. Ich habe das sehr deutlich wahrgenommen, was er vielleicht noch nicht so richtig bei sich selbst annehmen wollte. Ich kann jetzt mitnehmen, dass ich mir und meinem Gespür trauen kann. Das macht mich unheimlich stark gerade."

Keiner geht eine feste Partnerschaft, schon gar keine Ehe ein, mit dem Gefühl "zur Not trenne ich mich halt." Das ist nicht der Plan und die Idee. Um so schwerer ist es, wenn es dann in diese Richtung geht. Das möchte man einfach erstmal oft nicht wahrhaben, dann die Hoffnung, dass es sich wieder legen wird. 

Nur wer spricht, dem kann geholfen werden

Kennst du das, was du eben gelesen hast?! Wenn ja, dann geht es dir wie sehr vielen Menschen, die in einer festen Partnerschaft leben. Vielleicht bist du der- oder diejenige, der/die an seinen oder ihren Gefühlen aktuell zweifelt, sich unsicher ist und keine Ahnung hat, was man jetzt tun kann?! Oder fühlst du diese Unsicherheit bei deinem/r Partner*in? Fühlst du Konflikte, die nicht besprochen werden können oder empfindest du zwischen euch kein "Wir" und keine Zärtlichkeit mehr? 

Ich kann dir mitgeben, dass eine Beziehung nur dann wachsen kann, wenn man sich regelmäßig gegenseitig abholt. Durch Gesten, Gespräche und Gemeinsamkeiten. Beziehungen brauchen einen aktiven Austausch und die gewollte gegenseitige Priorität. 

Es ist ein schmaler Grad zwischen für sich selbst sorgen und aufeinander achten. Hier entstehen viel Konflikte, Missverständnisse und Fehlinterpretationen. 

Um dem entgegen zu wirken oder diesen Kreis zu durchbrechen braucht es eben manchmal Unterstützung

Wenn du oder ihr an eurer Beziehung arbeiten wollt, wenn ihr lernen wollt, Konflikte und Krisen gemeinsam zu lösen, auf einer Ebene zu kommunizieren, damit ihr euch nicht nur zuhört, sondern auch versteht, dann meldet euch gern bei mir. 

Ich wünsche euch alles alles Liebe, 

Denise


Denise Winter
Denise Winter
Pädagogin und Coachin

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